Waschmaschine

Im Englischen heißt es: Life is a rollercoaster. Das Leben ist eine Achterbahn. Doch wenn das Leben einem Ritt in der Achterbahn gleicht, was ist dann ein Leben mit ME/CFS?! Quantenphysik? 
Ich möchte es heute Waschmaschine nennen. Es ist mal zu heiß, dann wieder zu kalt. Mir wird schwindlig und schlecht, während erst ein Rauschen meine Ohren erfüllt und später ein Piepen. Ich bin in einen engen Raum gezwängt, der viel zu klein für mich ist. Die Welt zieht viel zu schnell draußen vorbei, und wie ein Goldfisch kann ich sie immer sehen, aber niemals erreichen. Ich öffne meinen Mund zu einem stummen Schrei. Und so kriege ich zwar Schaum vorm Mund, aber keine lustigen Seifenblasen.
Es geht rund und rund und rund, immer weiter, aber keinen Schritt voran. Ich bin gefangen an einem Ort, den andere nicht sehen. Und obwohl sie ihn zu kennen glauben, verstehen sie ihn nicht. Es ist unbequem, es ist nass. Und schließlich saufe ich ab, zumindest im übertragenen Sinne, kurz bevor mein Gedächtnis sich aufhängt.

Doch zurück zur Achterbahn.
Gerade bin ich in einer Hochphase ungeordneter, produktiver Kreativität. Vielleicht klingt diese Bezeichnung ein wenig unscharf, aber so soll es sein. Mein Zustand ist unscharf, chaotisch, nicht planbar. 
Noch vor zwei Wochen war ich in einem Tief, einem regelrechten Loch, das mich direkt nach einem Crash bisher ungeklärter Ursache überfiel. Es kam aus dem Nichts.
Und wie ich in diesen Tiefs so bin, habe ich mich selbst angezweifelt, alles angezweifelt, denn ich dachte, wir hätten das mit den unerwarteten Crashs endlich hinter uns. 
Ich habe wieder einmal nicht mehr daran geglaubt, dass es jemals wieder besser werden wird. Wieder einmal bestritten, dass ich jemals wieder glücklich werde. Wieder einmal gedacht, dass ich niemals wieder mit meinem Mann eine unbeschwerte Zeit verbringen werde. Und. So. Weiter.

Und jetzt sitze ich hier, nur 14 Tage später, und schreibe schon wieder am Laptop. Ich schreibe mir Gedanken und Gefühle der letzten zwei Jahre von der Seele. Zum Einen möchte ich meine Altlasten aufarbeiten, vielleicht sogar daraus lernen. Zum Anderen möchte ich meine Erfahrungen zum Thema Schmerzen, Reha u.A. mit anderen teilen, und das in einer angemessenen Form. Ich will nicht nur meine Meinung äußern, sondern diese im besten Falle auch begründen, hinterfragen und reflektieren. 
Ich möchte die Texte schreiben, die ich vor ein paar Jahren genauso wie vor ein paar Wochen gebraucht hätte. Um durchzuhalten. Um einen Weg zu finden. Um mich nicht so einsam zu fühlen.

Etwa zehn Dokumente parallel bearbeite ich gleichzeitig, mal eine Überschrift hier, mal einen Absatz da, mal eine Notiz für einen Weihnachtsbrief. Meine Gedanken schießen kreuz und quer, gute, schlechte, großartige Ideen geben sich die Klinke in die Hand und wenn ich nicht aufpasse, habe ich sie alle gleich wieder vergessen. Man könnte das fast als manisch bezeichnen, aber das ist es nicht. Es ist das Ergebnis dessen, was mit einem Menschen passiert, dem immer wieder so viel genommen wird, dass er sich selbst nicht mehr wiedererkennt, und dem kurz darauf so viel gegeben wird, dass er es s:ein Leben nennen will.

Irgendwie stimmt ja es schon. Life is a rollercoaster. Oder eine Waschmaschine.


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