It’s been a while…

Es ist ein wenig her, dass ich die letzten Texte veröffentlicht habe, und ich möchte heute ein paar Worte dazu schreiben. Letztlich gibt es mit Long Covid und ME/CFS immer zwei naheliegende Begründungen, und beide treffen hier zu: Zum Einen habe ich lange nichts hier geschrieben, weil es mir ein paar Monate deutlich schlechter ging. Zum Anderen hatte ich zwischendrin ein oder zwei “schöne” Wochen, weil es mir besser ging und ich deutlich mehr Möglichkeiten hatte, mich zu beschäftigen.

Da meine Familie und Freunde dazu neigen, solche Aussagen falsch einzuordnen, möchte ich etwas Kontext hinzufügen: “Es geht mir besser” heißt nicht, dass ich jetzt plötzlich auf dem exponentiellen Weg der Besserung oder komplett gesund bin. Es heißt ganz konkret, dass ich an mehreren Tagen gemeinsam mit meinem Mann am Tisch gesessen, gekocht und gegessen habe, anstatt wie in schlechteren Phasen alleine in meinem Bett liegend zu essen.“Es geht mir besser” heißt, dass wir im August drei Wochen lang jeden zweiten Tag draußen waren, ohne einen schweren Crash zu provozieren.

Für eine Schwerstbetroffene ist das eine exorbitante Steigerung der Lebensqualität, aber für die meisten Menschen ist es komplett unvorstellbar, weil sie noch nie so krank waren.

In den letzten Monaten war ich nicht mehr draußen, nicht mal auf dem Balkon. Ist das gut? Ist das schlecht? Ich weiß es nicht und es ist mir egal, wie andere es bewerten. Ich habe mich im Moment mit meinem derzeitigen Lebensstil arrangiert. Ich muss immer wieder Verschlechterungen hinnehmen, die meinen Aktionsradius massiv einschränken. Das meiste wäre vermeidbar gewesen, wenn ich früher gehandelt und mehr gewusst hätte, wenn meine Ärzte mehr gewusst hätten. Aber dieses Wissen hilft mir nicht weiter. Genauso, wie es mich oft nicht weiterbringt, Paper zu lesen, auch wenn wir dadurch einige Besserungen mancher Symptome bewirken konnten. Dadurch kann ich gerade für eine geborgte Zeit einen Pullover für mich häkeln und meine Qualifizierungsarbeit fortführen.

Es gibt immer wieder Tage, da versuche ich mich nicht mit ME/CFS zu beschäftigen, weil es mich runterzieht. Wo ich keine Paper und keine Briefe lese, nicht nach draußen schaue, an nichts anderes denke als an meine kleine Welt. Für den Moment funktioniert das für mich, und dann liegen Entwürfe für ein paar Wochen Reifezeit auf der Festplatte. Und das tut ihnen meistens ganz gut.

In sozialen Medien würde ich jetzt wieder Kommentare kriegen, dass ich gar kein schweres ME/CFS haben kann, wenn ich häkeln kann. Vom Programmieren will ich gar nicht erst reden. Ich werde bald einen längeren Text dazu veröffentlichen. Bis es soweit ist, möchte ich darauf verweisen, dass ME/CFS ein Spektrum ist. Es ist eine Krankheit mit so vielen Gesichtern wie Betroffenen, und nicht unsere Fähigkeiten, sondern vielmehr unsere Unfähigkeiten werden in ihrer Definition und Diagnostik vorausgesetzt, allen voran die conditio sine qua non namens PEM.

Liebe Mitbetroffene, liebe Mitmenschen, liebe Alle: Wir Menschen mit ME/CFS oder mit anderen Features, die vermeintlich nicht dem Mainstream entsprechen, haben oft sowieso schon viel zu wenig Energie, aus welchen Gründen auch immer. Lasst uns nichts davon verschwenden, indem wir uns gegenseitig in Frage stellen. Das ist es nicht wert. Lasst sie uns vielmehr nutzen, um für uns zu sorgen und andere zu unterstützen. Das macht unsere Energie noch wertvoller, als sie ohnehin schon ist, und aus jedem (Energie-)Verlust einen Gewinn.


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