Herbst
Es ist Herbst geworden. Eine Zeit, Altes loszulassen. In Winterstarre zu verharren, Bis neues Grün hervorbricht. Bis die Lebensenergie wieder fließt, Die Zuversicht widerkehrt. Es ist Herbst geworden, in mir.
Körpergefühl
Ich strecke mich und merke
Mein Akku ist leer.
So leer.
So leer, dass ich damit ein ganzes Kirchenschiff füllen kann.
Dabei
Wollte ich heute noch so viel machen:
Kochen, schreiben, waschen
Und ruhen.
Und jetzt?!
Fraglich, was wird.
Aber jetzt:
Erst mal aufstehen, anziehen.
Ein neuer Tag wartet auf mich.
Glück
Sie haben Glück, dass Ihre Laborwerte so gut sind!
Ein Glück, dass die Reha so schnell bewilligt wurde…!
So ein Glück, dass Sie in Ihre Wunschklinik kommen.
Sie haben Glück, gleich vier Wochen bewilligt gekriegt zu haben!
So ein Glück, dass Sie ein Doppelzimmer haben.
Glück?!
Hab ich wirklich Glück, mit Long Covid zu leben?!
?!
Ich
ICH BIN GEFANGEN
GEFANGEN IN MEINEM KÖRPER
IN MEINEM KÖRPER WILDERN DIE SCHMERZEN
SCHMERZEN: ÜBERALL, JEDERZEIT
ÜBERALL, JEDERZEIT, OHNE PAUSE
OHNE PAUSE, LEISE, GANZ STILL
STILL SCHLAGE ICH GEGEN MEINE FESSELN
GEGEN MEINE FESSELN KÄMPFE ICH
ICH WILL FREI SEIN
FREI SEIN WILL ICH
Ich lebe nicht Jetzt
Ich lebe in schönen Erinnerungen,
bewegten Bildern, berührenden Momenten.
Ich lebe in Augenblicken, in denen ich damals
Zu viel oder auch zu wenig gesagt habe.
Ich lebe in Szenen, in denen ich lebte.
Ich lebe nicht Jetzt.
Ich lebe in Träumen und Wünschen und Plänen,
Die vielleicht niemals wahr werden.
Ich lebe in unendlichen Möglichkeiten,
da, wo die Sonne scheint.
Ich lebe im Sehen und Staunen, weltweit.
Ich lebe nicht Jetzt.
Da, wo ich lebe, ist alles möglich.
PERSPEKTIVE
FASSUNGSLOS
STEHST DU
VOR DEN TRÜMMERN
DEINES ZULETZT AUFGEBAUTEN LEBENS.
ENTSETZEN
ÜBERGROSS
RAGEN SIE
WIE ABGEBROCHENE ZÄHNE
IN DEN STEINGRAUEN HIMMEL.
RESIGNATION
WIEDER
BAUST DU
STEIN AUF STEIN
WIEDER EIN NEUES LEBEN.
GEDULD
DOCH
ES FEHLT
AUCH DIESES MAL
EIN WEITERES WICHTIGES BAUTEIL.
TRAUER
MUTIG
UND FURCHTLOS
GESTALTEST DU LIEBEVOLL
AUS ALLEM WAS IST
FÜR DICH DEIN NEUES LEBEN.
HOFFNUNG
Eine Decke aus Blei
Eine Decke aus Blei
Und ein Himmel wie Stein
Sie sperren mich ein
Lebenszeit rinnt vorbei.
Wär im Geist ich bloß frei
ohne Last, ohne Leid
Meine Seele flög weit
die Welt zög unten vorbei.
Meine Flügel sind klein
mein Herz warm und stark
Mein Alltag bleibt karg
und ich weiter allein.